Flugschrift WISSEN IST MACHT oder ...


Wissen ist Macht
oder
Auch eine Lehre aus der Oktoberrevolution

Du weißt eine ganze Menge. Du weißt, dass es so nicht weitergehen kann. Und du weißt auch, warum es so nicht weitergehen kann.
Du siehst sehr wohl, dass die alte bürgerliche Ordnung der Welt in Trümmer zerfällt. Dass die Lohnarbeit verschwindet und der Leih- und Zwangsarbeit weichen muss. Dass der Stolz des Bürgertums, der Nationalstaat, sich auflöst in einen Haufen einander erbittert bekämpfender wirklicher oder eingebildeter Natiönchen - und niemand weiß, wann aus diesen hunderten von Kriegsgründen und Kriegen der nächste große Krieg wird. Weil nämlich die andere Seite der Medaille ist, dass die Welt wirtschaftlich und politisch von ein paar Dutzend Monopolherren beherrscht wird, denen mehr gehört als dem Rest der Welt zusammen. Du siehst sehr wohl, wie der Kampf dieser wenigen darum, an der Macht zu bleiben, aus ach so demokratischen Staaten faschistische Diktaturen macht. Und wenn du es nicht weißt, dann frag deine Kinder, die versucht haben, in Hamburg gegen die Ungerechtigkeit dieser Welt zu demonstrieren. Und du ahnst zumindest, dass in all dem Perlen an Wissenschaft, an Produktionswissen und Technologie über das Straßenpflaster rollen; und dass scheinbar niemand da ist, sie aufzuheben.
Der du dieses Flugblatt liest, sei ehrlich. Das alles weißt du doch. Und du weißt auch, dass die Dinge besser stünden, „wenn wir das Sagen hätten“. Das weißt du, und darüber schimpfst du, und darüber wählen viel zu viele die Faschisten.
Was du nicht weißt, ist: wie wir „das Sagen bekommen“. Das kann man lernen: von den russischen Arbeitern und Bauern und Soldaten, vor 100 Jahren. Das Sagen bekommen wir durch die Tat. Sie wussten von den Profiteuren des Völkergemetzels des Ersten Weltkriegs. Und sie zogen daraus den Schluss, sie für immer von der Macht zu vertreiben. Die große Leistung war nicht nur, die Revolution gemacht zu haben. Das war der Anfang. Die große Leistung war: darin und dafür in den Arbeiterräten die politische Form zu finden, in der sie das Sagen hatten und das letzte Wort behielten. In der – um ein altes Bild zu verwenden – jede Köchin den Staat regieren konnte, dies aber auch lernen musste, sollten die alten Verhältnisse nicht wiederkommen. Mehr noch: Sie fanden darin die Form, in der jeder Arbeiter, jeder Bauer, jedes Mitglied der werktätigen Intelligenz dazu beitragen konnte, das Land und das Leben zu verbessern. In der jede Fabrik zur Universität wurde, und die Universitäten und Schulen ihre Studenten, Lehrer, Schüler in die Fabriken schickten, damit sie von der Produktion etwas verstünden. Nur so war das Unmögliche möglich: dass binnen zweier Jahrzehnte aus einem rückständigen Land eine Industrienation wurde.
Die russischen Revolutionäre von 1917 fanden – kurz gesagt – die Form, wie wir nicht mehr gezwungen sind, wie z.B. in der Automobilindustrie die Verbrechen der Kapitalisten mitzutragen oder unsere Existenzgrundlage zu verlieren. Sie fanden die Form, in der die längst mögliche umfassende Automatisierung der Produktion nicht bezahlt wird mit der Verschleuderung unserer Arbeitskraft oder mit Massenentlassungen, sondern sie zum Segen für uns werden kann. In der die Zeit und die Arbeitskraft, das Wissen und die Lust vorhanden sein können, eine Welt modernster Verkehrsmittel zu bauen, eine Welt der gefahrlosen Nutzung der Kernenergie. Eine Welt, in der den Millionen Flüchtlingen gegenüber die Phrase von „Fluchtursachen bekämpfen“ sich als jämmerliches Gewäsch entlarvt durch die Tat, dass diese Millionen in die tägliche Produktion des Reichtums für alle eingebunden werden und dort tatsächlich gebraucht werden. Eine Welt, in der die nötige Ordnung nicht durch Haufen ganzkörpervermummter und bis an die Zähne bewaffneter Söldner aufrechterhalten wird, sondern vom Volk selbst, das dazu durchausin der Lage ist und die Richtigen unterdrücken wird. Und schließlich eine Welt, in der unser Klassenkrieg gegen die Kriegstreiber und -profiteure die Kriege zwischen den Nationen beendet hat.
Die Arbeiter, Bauern und Soldaten von 1917 lehren uns, wie Wissen zu Macht wird und hilft, diese nicht mehr zu verlieren. Und wie wir die Macht benutzen müssen, unser Wissen immer besser für das Leben der Zukunft einzusetzen.
Eine Utopie? Nur ein „Schön wär’s! Aber das klappt doch nie!“?
Es ist wohl eines der größten Verdienste der russischen Revolution von 1917, dass sie keinem mehr diese Ausrede lässt.